Schöne und eigenwillige afrikanische Sukkulenten - die Haworthien –

Eine kleine Anleitung zur Kultur von Detlef Britt

Familie: Haworthien gehören heute zur Familie der Grasbaumgewächse (Xanthorrhoeaceae, Unterfamilie der Affidilgewächse,  Asphodeloideae), früher ordnete man sie den Aloeacea (Aloengewächse) und davor den Liliengewächsen (Liliaceae) zu. In diesen Familien sind für Sukkulentenliebhaber die wichtigsten Gruppen der entsprechenden südafrikanischen Blattsukkulenten zusammengefasst und unterscheiden sich von den Liliengewächsen in erster Linie durch die sukkulenten Blätter und die röhrigen Blüten mit mehr oder weniger deutlich verwachsenen Blütenblättern u. a. Außer HAWORTHIA und GASTERIA gehören noch die namensgebende Gattung ALOE, sowie ASTROLOBA, CHORTOLIRON, POELLNITZIA dazu. Diese Gattungen sind untereinander sehr nahe verwandt. Es gibt sehr viele gärtnerische „Erfindungen“ und Hybriden, teilweise in Kultur, teilweise in der Natur vorkommend.

Haworthia x cuspidata, Foto: M. Wentzel
Geschichte:
Die Gattung wurde nach dem englischen Botaniker, Zoologen und Sukkulentenliebhaber ADRIAN HAWORTH benannt und von HENRI DUVAL 1809 gültig beschrieben. Im deutschsprachigen Raum gibt es eine lange Tradition der Erforschung der Haworthien. Die Herrn SALM-DYCK, BERGER, SCHÖNLAND, MARLOTH, VON POELLNITZ und JACOBSON taten sich dabei besonders hervor. Später verlagerte sich das Interesse in englischsprachige Länder und ist mit dem Namen SMITH, BAYER, SCOTT u. a. verbunden. Die unterschiedlichen taxonomischen Konzepte der Autoren haben aber eher zu Verwirrung als zu einer schlüssigen Benennung geführt. In den letzten Jahren versuchte INGO BREUER aus Deutschland mit einigen schönen Publikationen Klarheit zu schaffen. Durch die vielen entstandenen neuen Namen sollte man sich als kleiner Liebhaber nicht verwirren lassen. Haworthien sind eine relativ junge Pflanzengattung und haben ihre Evolution noch nicht abgeschlossen.
Haworthia bomboensis, Foto M. Wentzel

Habitus und Blüte: Haworthien sind niedrige Stauden mit kurzem Stamm, oft fehlt dieser. Die Blätter stehen in Rosetten und sind dicht dachziegelartig in mehrere Reihen gestellt. Eine zweizeilige Anordnung ist seltener. Die Blätter haben oft durchsichtige Fenster oder sind mit Perlwarzen besetzt. Die Ränder sind oft fein bewimpert, gezähnt oder haben an der Spitze feine Borsten. Die kleinen Blütenhälmchen erscheinen in einer lockeren Traube und bestehen aus zwei spiegelgleichen Hälften, sind klein, unscheinbar und weißlich bis grünlich und nur bei genauerer Betrachtung erkennbar verschieden. Die sechs Blütenblätter sind am Grunde verwachsen und bilden eine Röhre. Die freien Spitzen sind in zwei Lippen gebogen.

Bedeutung: Ihre Schönheit resultiert nicht aus einer großen Farbenpracht oder einer großen Blütenfülle, sondern wegen Ihrer Vielgestaltigkeit in Form der kompakten Rosetten und der unterschiedlichen Oberflächenstruktur und der Form der Blätter. Es lassen sich sehr schöne Sammlungen aufbauen. Ein ganz besonderer Vorteil gegenüber anderen Sukkulenten sind aber ihre bescheidenen Kulturansprüche und ihre Anpassungsfähigkeit an Standorte, die für andere Sukkulenten, wie für Kakteen nicht in Frage kommen. Da die Pflanzen nicht so groß werden und nicht so schnell wachsen, kommt man mit geringem Platz aus. Sie sind in gärtnerischer Hinsicht interessant und es gibt in letzter Zeit ein zunehmendes Interesse, besonders in Asien, an diesen schönen Haworthien.

D. Britt, 2011, Berliner Kakteeentage mit Gasterien und Haworthien
Verbreitung:
Die Gattung HAWORTHIA ist fast ausschließlich in der Republik Südafrika, mit einigen Ausnahmen in Süd Namibia, verbreitet. Die große Mehrheit der Arten konzentriert sich in der Kleinen Karoo, der Nama Karoo bzw. den Provinzen Western Cape, Eastern Cape und Kwa Zulu Natal. Die Verbreitung vieler Arten ist eng an die Topografie gebunden, wie an bestimmten Flusssystemen, aber einen größeren Einfluss hat auch die Geologie der unterliegenden Gesteine. Viele Arten sind in ihrer Verbreitung eng begrenzt, während andere ein weites Vorkommen haben.

Standorte: Die meisten Arten wachsen in der Natur im leichten bis dichten Schatten der umgebenden Vegetation, wobei in der Regel felsige oder steinige Standorte mit lockerer Vegetation bevorzugt werden. Die mannigfaltigen Blattstrukturen und die damit verbundene Anpassung an die Umgebung führen dazu, dass die Pflanzen kaum sichtbar sind. Manche Arten mit Fensterblättern verbergen sich im Boden, sodass nur noch die endständigen Blattfenster sichtbar sind.
Balkon+Britt-Haworthien-Gasterien

Kultur: Haworthien werden immer als „schattenliebende“ Pflanzen beschrieben, aber in unseren Breitengraden können die Pflanzen ruhig in der Sonne stehen, denn die Intensität der Sonneneinstrahlung ist hier weitaus geringer als in Südafrika. Abgesehen von einem unschattierten Platz hoch oben in der Hänge eines Gewächshauses, oder ganzjährig ungeschützt im Freien, ist jeder Standort gut. Leichte Beschattung im Frühjahr ist erforderlich. Auch an sonnenarmen Standorten, im geheizten Wohnzimmer, am Nordzimmerfenster gedeihen Haworthien immer noch ganz gut. Nur Wärmestaus müssen vermieden werden, damit die Blätter nicht beschädigt werden. Deshalb schadet ein leichter Windzug nicht. Während der Sommermonate ist ein Regen sicherer Standort von Mai bis Oktober im Freien sehr zu empfehlen. Für die Sommermonate kann die preiswerte Variante (online Bestellung) eines kleinen Balkongewächshauses mit Folienhaube (siehe Foto) empfohlen werden. Im Winter viel Licht bieten, besonders bei weichblättrigen Arten die lieber etwas kühler stehen wollen. Zusatzbeleuchtung kann angebracht sein. Die Wachstumsperiode ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, von April bis November. Von Juli bis Mitte August wird eine 6 bis 8 wöchige Ruhepause eingelegt. In dieser Zeit, in der es bei uns (in der Regel) recht warm und sonnig ist, stellen Haworthien ihr oberirdisches Wachstum ein. In der Erde tut sich dann etwas, denn die die Wurzeln werden jährlich erneuert. Dazu wird die Substanz der alten Wurzeln genutzt. In der Hauptwachstumszeit normale Wassergaben, wie bei übrigen Sukkulenten auch geben. Dauernässe mögen die Pflanzen überhaupt nicht. Am besten durch Anstauen oder Überbrausen wässern. In der restlichen Zeit sollten die Pflanzen mit kleinen vorsichtigen Wassergaben vor zu starker Schrumpfung bewahrt werden; was aber von der Überwinterungstemperatur abhängt. Die Überwinterung der meisten Arten sollte bei 10 Grad Celcius liegen. Auch 5 Grad Celsius sind möglich. Einige Arten sind erstaunlich Kälteunempfindlich. Die weichblätterigen Arten sind etwas empfindlicher. Düngen ist nicht unbedingt erforderlich, dafür alle zwei Jahre umtopfen.
In puncto Erde sind sie auch bescheiden; die Erde sollte nur locker und durchlässig sein, also keine schwere Lehmerde, Torf oder dicke Steine als Substrat verwenden. Bewährt hat sich rein mineralischer Bimskies. Wer viel Platz hat und gerne schöne Polster sehen möchte, der sollte sie frei auspflanzen oder in flache Schalen setzen. Die meisten Sammler haben aber nicht viel Platz und daher werden sie wohl besser in tiefe Containertöpfe aus schwarzem Plastik (7' er bis 9' er) gesetzt um die teilweise fleischigen Wurzeln gut unterzubringen. Auf einen 25 cm x 120 cm großen Fensterbrett passt eine ganze Sammlung von 50 Töpfen. Beim Umtopfen sollten alte abgestorbenen Wurzelreste vollständig entfernt und bis zum Neueintopfen, die Pflanzen eine Woche liegen gelassen werden.
Haworthien lassen sich leicht vermehren. Foto: D. Britt

Vermehrung: Die Vermehrung der Haworthien bereitet keine großen Probleme. Die meisten sprossen und lassen sich leicht aus diesen Tochterrosetten vermehren. Ebenfalls können aus Samen, Blattstecklingen und Wurzeln (die Arten mit fleischigen Wurzeln) neue Pflanzen gezogen werden. Bei der Aussaat im ganz feinen mineralischen Bims, die zu jeder Jahreszeit, aber am besten an einem schattigen Ort stattfinden sollte, muss lediglich darauf geachtet werden, dass die Aussaattemperatur zwischen 15 bis 20 Grad Celsius liegen muss und diese auch nicht überschritten wird, denn bei Überhitzung stoppt der Keimungsprozess. Samen der älter als ein Jahr ist, keimt in der Regel nicht mehr.

Schädlinge: Von Schädlingen werden Haworthien in der Regel verschont, gelegentlich treten Wurzel – oder Schmierläuse oder Schildläuse auf, die mit üblichen Mitteln bekämpft werden können. Wenn Schädlinge auftreten, sind diese allerdings schwer zu entdecken, weil sie sich in den Blattrosetten  oder an den Wurzeln verstecken. Deshalb sollte man gelegentlich die Pflanzen und Wurzeln genau untersuchen.
Mehr zu Schädlingen hier.


Bezugsquelle:
Fa. Eden-Plants: Inh. Ingo Breuer, Heinsberg/Oberbruch, Weltnetz: www.eden-plants.com

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